Rede des Fraktionsvorsitzenden Michael Klement

Der Rat der Gemeinde Much hat am 19. Februar 2019 den Haushalt für das Jahr 2019 beschlossen. In der Sitzung hielt unser Fraktionsvorsitzenden Michael Klement folgende Rede:

Meine sehr geehrten Damen und Herren,


Haushaltsreden setzen sich aus zwei unterschiedlichen Teilbereichen zusammen:

Einmal die Betrachtung des nüchternen und in diesem Fall ernüchternden Zahlenmaterials - und darüber hinaus die Betrachtung der aktuellen politischen Themenkomplexe unserer Gemeinde.


Sie alle werden das Mucher „Erstlingswerk" von Christopher Salaske in den Eckdaten kennen. Und diese Zahlen sind - lassen Sie es mich nett formulieren- unschön.
31,5 Mio € Ausgaben, 29,1 Mio Einnahmen, ein Fehlbetrag von 2,5 Mio.

Die allgemeine Rücklage ist in den letzten 10 Jahren um 23 Mio auf 31,7 Mio  geschrumpft, in den kommenden Jahren wird sie jährlich um weitere 7 Prozent abnehmen.

Und, eine weitere wirklich beängstigende Entwicklung:

Betrugen die permanent beanspruchten Kassenkredite der Gemeinde im Jahr 2009 ca. 2 Millionen €, so sind es im Jahr 2019 unvorstellbare 27 Millionen. Wir als Rat haben im Bereich der Freiwilligen Aufwendungen noch den Gestaltungsspielraum von 240.000,00 €!


Erschreckend ist die Tatsache, dass wir uns alle an solche Zahlen- an die kommunale Mangel-Verwaltung inzwischen gewöhnt haben... sie verschlimmern sich nur von Jahr zu Jahr.


Ich möchte jedoch nicht nur Schwarzmalerei betreiben. Um die Attraktivität der Gemeinde Much für uns alle, die Bürger, zu erhöhen, wurden massive Investitionen getätigt. Investitionen in unsere Schulen, in Kindergärten, in unsere Infrastruktur. Die allgemeine Situation zeigt uns jedoch, wie behutsam wir als für Much Verantwortliche mit den noch vorhandenen Ressourcen umzugehen haben.


Ja, die SPD wird diesem Haushalt zustimmen, nicht weil wir diesem Zahlenwerk mit großer Freude begegnen, sondern weil wir realistisch genug sind, um zu erkennen, dass wir die Grenzen des finanziell Möglichen nicht verschieben können.


Angewöhnt habe ich mir, einen kurzen Blick auf meine letzten Haushaltsreden zu werfen. Dieser Blick zeigt sehr deutlich die Entwicklung der Mucher Themen:
2015 habe ich darauf hingewiesen, dass die U3-Betreuung auch weiterhin zu beobachten sei. Hier werden wir 2019 noch nicht die optimale Lösung gefunden haben, jedoch einen sehr großen Schritt machen - ich werde später noch darauf eingehen.
2016 hatte ich die Vision eines zentralen Platzes zwischen Lindenhof und der Hauptstraße erwähnt - hier könnte, gemeinsam mit der GEG, aktuell vielleicht etwas wachsen.

2017 war es die Breitbandversorgung. Eine Tretmühle, die nur sehr, sehr langsam in Fluss kommt. Wie hat es Galilei gesagt - „Und sie bewegt sich doch". Aber wir Mucher sind halt geduldige Menschen.

2018 waren die entscheidenden Themenbereiche Ortskernentwicklung, IHEK, Straßenbaubeiträge. Drei Themenbereiche, die auch heute noch unsere uneingeschränkte Aufmerksamkeit erfordern.

Umgesetzt bzw. auf den Weg gebracht worden sind in letzter Zeit hervorragende Projekte.
Gegen erbitterten Widerstand von CDU-Fraktion und Bürgermeister Büscher im Planungsausschuss hat der Rat der Gemeinde auf Anstoß der SPD Fraktion mehrheitlich dafür Sorge getragen, dass die RSEB bei der Einrichtung einer Erddeponie in Birken neben den üblichen Leistungen zusätzlich eine Infrastrukturabgabe in der Höhe von 125.000 € an die Gemeinde Much zahlt. 125.000 € für den Etat der Gemeinde Much, die ohne das Engagement, das hartnäckige Nachfordern der SPD Much niemals dem Gemeinwohl zu Verfügung gestellt worden wären!
Kurioserweise war es die CDU-Fraktion, die sich als erste mit Vorschlägen zur Ausgabe dieser zusätzlichen Finanzmittel zu Wort gemeldet hat, wenn auch nur mit einem banalen Wischi-Waschi-Antrag. Als ob außer der CDU niemand auf die Idee gekommen wäre, dieses Geld irgendwie und irgendwann für Straßen zu verwenden.
Meine Kolleginnen und Kollegen von der CDU...diese zusätzlich erzielte Einnahme war weder „unmoralisch", noch war sie ärgerlich und unerfreulich, wie sie glaubten, im Mitteilungsblatt nachtreten zu müssen. Und schon gar nicht wird sie zu außergewöhnlichen Belastungen für zukünftige Marienfelder Häuslebauer führen.

Gemeinsam mit weiteren Ratsfraktionen hat die Mucher SPD den von CDU und Bürgermeister geforderten Ankauf eines ungeeigneten und überteuerten 300.000 €-Grundstückes am Kapellenweg für den Bau einer zusätzlichen Kita (hier kommt die U3- Betreuung nochmals ins Spiel) in Much verhindert. Auch nachdem selbst die CDU einsehen musste, dass dieses deutlich zu kleine Grundstück für eine Kita absolut ungeeignet war, wurde noch der Versuch unternommen, dem Rat dieses seit Jahren brach liegende Areal als „Mucher Sahnestückchen" zum Ankauf anzudienen. Der Rat hat mehrheitlich dankend abgelehnt - und somit Schaden von Much ferngehalten. Dass der Ankauf ohne jegliche vorherige Beratung im zuständigen Fachausschuss durchgepeitscht werden sollte, sei nur am Rande tadelnd erwähnt.

Die Verwaltung hat übrigens im Anschluss hervorragend nach Alternativstandorten gesucht, so wie es der Fachausschuss beschlossen hatte, obwohl das Kapellenweg-Grundstück angeblich alternativlos war und es in ganz Much-Ort kein geeignetes Grundstück geben sollte. Gefunden wurde ein absolut geeigneter, in der Fläche ausreichender Standort in der Dr. Wirtz-Straße. Gefunden wurde ebenso ein privater Investor, der den Bau der neuen Mucher Kita finanziert. Hier wurden der Gemeinde erhebliche Ausgaben erspart. Wäre es nach CDU und Bürgermeister gegangen, hätten wir künftig neben einer schönen und dringend nötigen Kita ein 300.000 € teures Grundstück ohne Verwendungsmöglichkeit an der gemeindlichen Backe.

An der Backe haben wir allerdings seit über drei Jahren ein anderes, noch teureres, Grundstück: Die ein wenig in die Jahre gekommene Immobilie in Much Sommerhausen.
Mit dieser müssen wir uns derzeit mal wieder intensiv beschäftigen, auch hier mit massiven Auswirkungen auf den Mucher Haushalt. Wären vor dem damaligen Kauf, der vor dem Hintergrund von Wohnraumbedarf getätigt wurde, Brandschutz- und Rettungskonzepte sorgfältig geprüft worden - die Gemeinde Much hätte diese Immobilie niemals erworben.
So sitzen wir heute auf einem Ausgabenberg von über einer halben Million Euro. Hierbei handelt es sich „nur" um den Kaufpreis und die größtenteils wenig sinnvollen Investitionen. Die Kosten für den enormen Verwaltungsaufwand - in erster Linie Personalkosten - sind hier noch nicht berücksichtigt.
In der Vergangenheit haben wir immer wieder gehört, dass mannigfaltige Nachfrage für diese Immobilie bestehe. Leider hat sich das im Ergebnis so nicht bestätigt. Die SPD Fraktion spricht sich eindeutig für einen klaren, kalkulierbaren Schnitt aus. Der Verkauf dieser Immobilie - und hier ist der gute kaufmännische Grundsatz, dass der erste Verlust der geringste ist, leider nicht mehr anzuwenden, da Verlust zwei, drei und vier auch schon realisiert sind - beschert der Gemeinde aufgelaufen einen Verlust von fast einer viertel Million Euro. Aber damit ist dieses unsägliche Kapitel abgeschlossen.
Irritiert ist die SPD über den abenteuerlichen Vorschlag unserer CDU-Kolleginnen und Kollegen, mit in den Sternen stehenden Fördermitteln (auch hier handelt es sich übrigens um von Bürgern gezahlte Steuern) im Rahmen der Regionale ein Coworking-Space im Zentralbereich von Much- Sommerhausen einzurichten. Gute Verkehrsanbindung, reichlich vorhandene Parkplätze...  ja, für diesen Standort spricht einiges.
Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns dieses unrühmliche Kapitel beenden - und nicht weiteren Hirngespinsten hinterherlaufen.

Vertrauen in die Entscheidungen des Rates und die Arbeit unserer Verwaltung und ein Höchstmaß an Transparenz in allen Entscheidungen sind Basis für eine offene, bürgernahe politische Arbeit. „Kölner" Rats- und Verwaltungsarbeit ist heute nicht mehr gefragt, und ich bin davon überzeugt und hoffe inständig, dass solche Vorgehensweisen heftig bei den nächsten Wahlen abgestraft werden.

Vertrauen in die Entscheidungen des Rates entsteht beispielsweise, wenn die Bürger sicher sein können, dass ihre gewählten Vertreter bei Entscheidungen über die Erhebung von Gebühren stets die Grenzen der Belastbarkeit der betroffenen Bürger im Auge haben. Eine pure Selbstverständlichkeit für die Mucher SPD -im Gegensatz offenbar für unsere Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion. Diese hätten kein Problem gehabt, im Januar und im Februar des vergangenen Jahres die vorgeschlagene Vorplanung der Gemeindestraßen in Hohn und Scheid zu beschließen - ohne Kenntnis der tatsächlichen Belastung für die einzelnen Bürger. Ich zitiere aus einem Beitrag der CDU im Mitteilungsblatt vom vergangenen Juli als Antwort auf die Haltung der SPD:
„Eine Zustimmung zu den Baumaßnahmen davon abhängig zu machen, dass diese nur dann erteilt werden kann, wenn die maximal anfallenden Belastungen für die Anlieger bekannt sind, ist für uns reiner Populismus..."
Und glauben Sie mir, wenn diese Worte wirklich stimmen sollten, dann bin ich gerne ein aufrechter Populist.
Der Beschluss der Vorplanung konnte verhindert werden, und die seither eingetretene Entwicklung hinsichtlich der Anliegerbeiträge bestätigt unser Engagement. Unabhängig von der Entscheidung der Landtagsmehrheit über den SPD Antrag zur Abschaffung der Straßenbaubeiträge in NRW werden wir keinen unzumutbaren Belastungen durch Beiträge oder Gebühren zustimmen.
Nun lassen Sie mich auf ein Ereignis eingehen, dass ich in dieser Form in 45 Jahren aktiver Kommunalpolitik noch nicht erlebt habe.
Vertrauen und Transparenz!
Und dieses Vertrauen - das muss leider festgestellt werden - ist derzeit auf das Heftigste erschüttert. Über die Transparenz mag ein jeder selbst entscheiden.
Der Ausgangspunkt war die letzte Ratssitzung am 12. Dezember 2018.
Ich habe die Verwaltung gefragt, ob ihr bekannt sei, wer der derzeitige Eigentümer des ehemaligen Bauhofareals sei.
Die spontane Antwort des Bürgermeisters lautete: EIGENTÜMER IST NACH WIE VOR DIE FIRMA BAUCON.
Auf die gezielte Nachfrage erklärte der Bürgermeister, dass inzwischen ein Weiterverkauf an ein weiteres Unternehmen stattgefunden habe, er habe die Zustimmung erteilt.
Lassen Sie mich hierzu das Protokoll der Ratssitzung vom 30. Mai 2017, TOP 17, erwähnen:
„Nach eingehender Diskussion wurde festgehalten, dass das unbebaute Grundstück nicht ohne Zustimmung des Gemeinderates weiterverkauft werden kann.“
Deutlicher, klarer und ausdrücklicher lässt sich der Wille des Souveräns, und das ist der Rat der Gemeinde Much, nicht darstellen.
Dieser eindeutige Ratsbeschluss wurde durch den Bürgermeister missachtet und gebeugt, als er die Zustimmung zum Weiterverkauf erteilte.
Natürlich stellt sich die Frage, welche Vorteile die Gemeinde Much von dieser Aktion des Bürgermeisters hatte. Und...die Mehrzahl der im Raum Anwesenden wird es erkannt haben:
Überhaupt keine!
Hören wir uns doch mal, an welche Gründe der Bürgermeister als Fazit für seine Handlung genannt hat:
-    „die Verpflichtungen werden auch vom neuen Eigentümer erfüllt
-     dem Wunsch der Bevölkerung nach Errichtung eines Drogeriemarktes wird nachgekommen
-     Es entstehen Wohnungen. Der Bedarf ist auch in Much sehr groß."


All dies wäre jedoch selbstverständlich auch ohne den Weiterverkauf an die GbR eingetreten.
Der Fairness halber sei erwähnt, dass der Erwerber dieses Grundstückes mit dem Verkäufer (BAUCON) geschwisterlich verbunden ist, und, kaum zu glauben, eine Steuerersparnis in erheblichen Umfang erzielt hat.
Nun ist es nach Auffassung der Mucher SPD keineswegs Aufgabe des Mucher Bürgermeisters, Ratsbeschlüsse zu missachten, um Steuersparmodelle für Investoren zu generieren.
Vertrauen und Transparenz!!


Die sich im Anschluss an diesen Prozess ergebende Diskussion um das Protokoll der letzten Ratssitzung hätte es verdient, in das im Jahre 1597 erschienene Laienbuch aufgenommen zu werden.
Die wunderseltsamen, unerhörten und abenteuerlichen Lügengeschichten der Bürger von Schilda sind dort auch verzeichnet.
Wir werden über diese Prozesse weiterhin deutliche, massive und aufklärende Diskussionen im Rat der Gemeinde Much führen.


Ich danke für die Aufmerksamkeit.